Leinenpflicht im Wald – sinnvoll oder einseitig gedacht?

1. April bis 31. Juli – Leinenpflicht im Wald.
So steht es im Zürcher Gesetz. So steht es auf Schildern am Waldrand. Und so halten es auch viele verantwortungsvolle Hundehalter:innen. Auch wir bei Reinhold’s Dog Service.
Doch ist diese Regelung in ihrer aktuellen Form wirklich fair – oder eher Symbolpolitik?
Ein kleiner Realitätscheck mit Pfoten, Wildtieren und gesundem Menschenverstand.

Sind wirklich wir das Problem? Oder nur das sichtbarste Ziel?

Was steckt hinter der Leinenpflicht?
Die Idee ist eigentlich gut:
Wildtiere wie Rehe, Feldhasen oder Bodenbrüter sind in der Brut- und Setzzeit besonders empfindlich.
Ein aufgescheuchtes Kitz verlässt sein Versteck. Ein Vogel verlässt sein Nest. Das kann fatal enden.
Deshalb gilt zwischen April und Juli im Wald und bis 50 m darüber hinaus: Leine dran. Punkt.

Und was ist mit…?
Aber: Wer mit offenen Augen durch den Wald bei Kilchberg oder Zürich geht, sieht noch viel mehr:
Menschen, die mit Musikbox, Grillwürsten und Campingstühlen einziehen
Mountainbiker, die querfeldein den Hang hinunterflitzen
Kindergartengruppen, die täglich dieselben Stellen belaufen – mit viel Lachen, Rufen und Schreien.
Und vor allem: Hauskatzen, die unkontrolliert durch die Randgebiete streifen – Tag und Nacht

Die Ironie?
Keine dieser Gruppen wird zur Leinenpflicht aufgefordert.
Keine gesetzliche Einschränkung für Katzen, keine Ruhezeiten für Grillplätze, keine Begrenzung für Waldkindergärten.

Die Realität im Wald – mit fünf Hunden an der Leine
Ich bin fast täglich draussen. Oft mit fünf Hunden gleichzeitig. Alle an der Leine.
Wir laufen gesittet auf dem Waldweg. Gut erzogen. Rücksichtsvoll.
Und während wir im Gänsemarsch durch den Wald schlendern, höre ich von links aus dem Dickicht:
„RAAAAAAAAAAAAAAH! – GIB MIR DEN STOCK!!! – WO IST LENI?! – ANNNAAAA WARTE!!“
Ein Kindergarten im Wald. Zwanzig Kinder. Kein Leinenzwang.
Kein Problem – Kinder sollen Natur erleben. Aber warum wird dann mein Rudel zur Sicherheitsgefahr erklärt?

„Ich riech schon wieder Feuer…“
Neulich roch ich von weitem Rauch.
„FEUER“, dachte ich.
Und tatsächlich: Rauchschwaden über dem Waldboden, direkt neben einem Wildwechselpfad.
Mitten im Wald eine Familie mit Wurst, Lautsprecher und Klappstuhl.
Was macht ein Wildtier, wenn es Feuer riecht?
Genau! Es flüchtet. Instinktiv.
Aber klar – mein Hund wäre das Problem, wenn er im Radius von 30 Metern mal schnüffelt?
Die Ironie: Wahrscheinlich sind das dieselben Leute, die sich lautstark für die Leinenpflicht einsetzen.
Aber für ein Cervelat-Bad im Rauch darf dann der Wald herhalten. Logisch.

Und Katzen?
Apropos Kontrolle:
Meine Hunde sind unter Aufsicht. Immer.
Sie hören, sie bleiben, sie kommen zurück.
Wenn nicht? Ja dann sind sie ohnehin an der Leine, dass machen verantwortungsbewusste Hundebesitzer so.
Hauskatzen? Streifen unbeaufsichtigt durch Siedlungsrandlagen, jagen Kleinvögel und scheren sich nicht um Rehkitze.
Und jetzt die Preisfrage: Wer hat mehr Wildtiere auf dem Gewissen?

Hundehalter unter Generalverdacht?
Währenddessen trifft die Regelung ausgerechnet die,
…die mit ihrem Hund im kontrollierten Radius spazieren,
…die Rücksicht nehmen, abrufen können, Beutel dabei haben
…und ihre Tiere regelmässig beschäftigen, trainieren und führen.
Ein gut erzogener Hund an der Seite eines aufmerksamen Menschen kann viel weniger Schaden anrichten als eine streunende Katze oder ein lauter Picknickplatz – und doch sind es gerade wir, die „zurück in die Leine“ müssen.

Was wir uns wünschen
Wir sind nicht gegen Regeln.
Wir sind gegen Einseitigkeit.
Denn wer wirklich Natur und Wildtiere schützen will, sollte:
differenzieren zwischen Erziehung & Verantwortungslosigkeit
alle Störquellen einbeziehen – nicht nur die mit Fell & Leine
echte Schutzräume schaffen statt flächendeckend zu pauschalisieren

Was wirklich helfen würde
Ich finde: Regeln sind wichtig.
Aber sie sollten fair sein – und nicht nur symbolisch.
Was stattdessen nötig wäre:
Rücksicht von allen – egal ob Mensch, Hund, Kind oder Katze
Zonenkonzepte statt Pauschalverbote
Aufklärung statt Schuldzuweisung
Freilaufflächen & Alternativen, damit Erziehung belohnt wird, nicht bestraft

Zahlen, die nachdenken lassen – wer stört hier eigentlich wen?
Die Leinenpflicht im Wald gilt, weil frei laufende Hunde Wildtiere gefährden können. Klar – das ist ein berechtigtes Anliegen. Aber wenn wir ehrlich sind, dann lohnt sich ein Blick auf die Zahlen:

Im Kanton Zürich werden laut offiziellen Angaben jährlich etwa 80 bis 100 Wildtiere von Hunden gerissen. Schweizweit liegt diese Zahl bei rund 400–500 Fällen pro Jahr.

Das ist nicht wenig. Und es ist absolut sinnvoll, Hundehalter zu sensibilisieren. Aber jetzt kommt der Vergleich, bei dem es wirklich spannend wird:

Hauskatzen mit Freigang – von denen es in der Schweiz über eine Million gibt – töten laut wissenschaftlichen Schätzungen pro Jahr:

30 bis 48 Millionen Vögel

sowie Millionen Kleinsäuger und Reptilien

Ja, du hast richtig gelesen: Millionenfaches Jagdverhalten, völlig unkontrolliert – und ohne gesetzliche Einschränkung.

Während ich also mit fünf angeleinten, abrufbaren Hunden auf dem Waldweg marschiere, räkeln sich Katzen unbehelligt im Unterholz und jagen Nestlinge, Mäuse und Eidechsen. Und das ganz ohne Leinenpflicht, Aufklärungskampagne oder Bussgeld.

Und wer ist das Problem? Genau – der Hund an der Leine, der gerade brav ein „Sitz“ macht.

Versteh mich nicht falsch: Ich bin pro Wildtierschutz. Aber ich bin auch pro Augenmass. Und wenn wir Hunde an die Leine legen, dann sollten wir auch über Katzen, Grillstellen, Boom-Box-Picknicks und Kindergartenhorden im Dickicht reden dürfen. Oder?

Unser Weg bei Reinhold’s Dog Service
Wir halten uns an die Leinenpflicht. Punkt.
Aber wir denken auch darüber nach – und laden euch dazu ein.
Denn Wildtierschutz sollte gemeinsam gedacht werden.
Nicht gegeneinander. Nicht einseitig. Und bitte nicht mit der Bratwurst in der einen Hand und dem Lautsprecher in der anderen.

Was meinst du?
Schreib mir gern oder sprich mich an, wenn du mich mit Leilani & Co. auf dem Waldweg triffst.
Bis dahin: Gute Leinen – gute Laune – gute Gedanken.